Internationaler Rat – so geht digital!

Von Christa Werner und Marita Estor

Eigentlich sollte der Internationale Rat des Gral, in dem Christa Werner den deutschen Teil der Gralbewegung vertritt, im vergangenen Juli in den Niederlanden tagen und die große Internationale Vollversammlung zum 100jährigen Gral Jubiläum im Juli 2021 in Brasilien, vorbereiten. Aber die Corona-Pandemie hat auch diese Pläne zunichte gemacht. An sechs Samstagen (29. 9. – 24. 10.) trafen sich die Mitglieder des Internationalen Rates (IR) digital um gewichtige Punkte zu beraten – jeweils für 2 Stunden. Den Abschluss bildete dann am 31. Oktober ein digitales Dank-Fest zur Eröffnung der Jahrhundert-Feier, in die sich jede Frau einklinken konnte. Die Europäerinnen – und auch die Afrikanerinnen – waren zeitlich gesehen am besten dran: die zweistündigen Beratungen fanden von 13:00 bis 15 :00 Uhr statt. Da war es für die Amerikanerinnen erst früher und teilweise sehr früher Morgen und in Australien nach Mitternacht!

Zuerst stand ein vereinfachtes Wahlverfahren für das nächste Internationale Leitungsteam zur Diskussion. Gut vorbereitet schien es zunächst eine eher technische Diskussion. Aber jedes Verfahren hat seine Tücken, da ist es schon besser, wenn das Verfahren leicht verständlich ist. Inzwischen läuft die Abstimmung in den einzelnen Ländern, die nun natürlich digital erfolgt, aber natürlich auch die Nicht-Onlinerinnen respektiert. Diese Diskussion konnte Marita mit Christa in Fiss mitverfolgen, wobei der Sohn unserer Freundin – ein Profi in der digitalen Welt – sehr half.

Am folgenden Samstag (3.10.2020) ging es um die Errichtung eines besonderen Lehrstuhls zu Ehren des Gral-Gründers P. van Ginneken, der Professor an der 1923 gegründeten Universität in Nimwegen war. Ein Vorschlag, der von einigen Theologie-Professorinnen im Gral kam, darunter auch Maria Carlos Ramos vom Internationalen Leitungsteam. Es zeigte sich, dass die Geschichte der Gründung unserer Bewegung, zuerst als „Frauen von Nazareth“, dann als Gral Bewegung nicht sehr bekannt war, denn die Universität in Nimwegen war keineswegs die „Wiege des Gral“ wie es in der Diskussionsgrundlage hieß. Auch einige andere, wie finanzielle Probleme tauchten auf, die weiterer Klärung bedürfen. Dass die Gral-Theologinnen viel zur weiteren Gral-Entwicklung beitragen können und sollten, wurde nicht infrage gestellt. Ein weiteres Thema in dieser Sitzung war die Einbeziehung des „Trainings für Transformation“, das Sally Timmel und Anne Hope entwickelt und durchgeführt haben, in die Formation neuer Mitglieder, was auf Zustimmung fand.

Die Berichte der Netzwerke und Internationalen Teams am folgenden Samstag (17. 10.) war informativ und zeigte die Vielfalt der Gral Aktivitäten in den einzelnen Ländern wie auch eine Zusammenarbeit über die Landesgrenzen hinweg, was für die jüngeren Gral Frauen natürlich leichter und selbstverständlicher ist.

Kontroverser war das folgende Thema der Anerkennung des Gral als internationale Vereinigung durch das neue vatikanische Dikasterium (Ministerium) für Familie, Laien und sonstige Lebensfragen. Die Anerkennung unter Wahrung unserer Identität als ökumenisch-plurale geistliche Gemeinschaft, die Offenheit und der Respekt seitens der kirchlichen Vertreter, aber auch das Drängen vor allem einiger afrikanischer Bischöfe und auch einiger Gral Frauen, die auf Status und Sicherheit bedacht sind, stehen in einem Spannungsverhältnis zu einander, das viele Fragen aufwirft. Jetzt ging es nur darum, ob wir diese Frage weiter mit den Vertretern des Vatikans diskutieren oder nicht. Da es sich um einen mehrjährigen Prozess handelt, der jederzeit von uns abgebrochen werden kann, wird jetzt die Meinung aller Gral Frauen eingeholt.

Das abschließende Dank-Fest des Rates haben wir in Heppenheim, wo unser Jahrestreffen der Gral-Akademie e.V. stattfand, zusammen gefeiert. Fast 3 Stunden lang, in drei Sprachen (englisch, spanisch und portugiesisch). Viele bekannte Gesichter waren zum Beginn unseres Jubiläumsjahres zu sehen. Wir wussten uns verbunden – aber wir wurden uns auch schmerzlich bewusst, dass digitale Verbundenheit eben doch keine wirkliche Begegnung ist, wenn jede irgendwo vor ihrem Laptop sitzt.

15.11.2020