Pfingstfeier im Gralzentrum in Mülheim 

Victoria Ortega

Mülheim an der Ruhr, am 13. Juni 2014, noch unter dem Eindruck des Orkans, der in der Region tobte und zum Beispiel bis heute – 4 Tage danach noch 600 km der fortschrittlichen ICE-Strecke lahm legte. Ich erlebte das gewaltige Naturereignis auf dem Heimweg von einem Familien-zusammensein, an dem alles so gelaufen war, wie‘s sein soll, im Auto, auf Bahnen, die kurze Zeit später blockiert und abgesperrt waren…

Zum Zeitpunkt unserer Feier war der Himmel wieder hell, die Temperaturen angenehm sommerlich, so als sei nichts Ungewöhnliches geschehen. Im geräumig einladend hergerichteten Gralzentrum hat-ten sich 15 Frauen zwischen 50 und 80+ versammelt, unter ihnen einige, die zum 1. Mal dabei waren. Ziemlich schnell war die anfängliche Zurückhaltung überwunden.

„Vielfältig, vielseitig, vielsagend“ war das Thema der Feier um das Pfingstgeschehen, das aus lähmender Angst befreit, aufhorchen und erstaunend feststellen lässt, dass man sich versteht.

Sieger Köder hat die Geschichte gemalt und das Bild lag für jede Einzelne vor. Mit Ruhe und Zeit und begleitet von unaufdringlicher Musik der Anna Amalie von Preußen, von Helma Schaumburg-Lowitz einfühlsam ausgesucht, betrachteten wir das Bild und konnten, wer wollte, dazu sagen, was jede gesehen hatte, dies blieb unkommentiert und ergab für mich ein neues faszinierendes Bild: Auf den Trümmern vom Turmbau zu Babel ein stämmiger, eher trotziger Petrus mit Buch, auf dessen Rücken – in wärmenden Rot untermalt ein Hochhaus aufsteigt mit weit geöffneten Fenstern, aus denen sich Leute beugen, die als Dietrich Bonhoeffer mit der Bibel in der Hand, der Patriarch Athenagoras mit der Osterkerze und Papst Johannes XXIII, identifiziert wurden und viele an-dere, ganz unterschiedliche Menschen die hören wollen, was da los ist. SHALOM sagt ein Plakat und ein anderes FRIEDE den Menschen, dazwischen eine kleine weiße Taube, alles Zeichen der Hoffnung, ohne die nichts geht.

„Heiliger Geist, lebe in uns“ war der Name des Tanzes, den Helma mit uns einübte und wir tanzten im Sitzen! Den alten Hymnus an den geheimnisvollen Schöpfer-Geist, von Lothar Zenetti, lasen wir im Wechsel zum Schluss.

Zum Ausklang gab es köstliche, hausgemachte Pizza und noch eine lange Weile schwappte ein lebendiger Geräuschpegel hin und her bis wir uns endlich aufmachten, jede in ihr Zuhause.

Mir ist dies Pfingsten drastisch bewusst geworden, wie tröstlich es ist, wieder anzukommen, da wo wir uns geborgen und angenommen wissen. Gerade auch angesichts der Tatsache, dass so viele, viele ohne „Zuhause“ existieren müssen mit der Hoffnung auf uns, die wir’s für selbstverständlich erachten, ein Dach über dem Kopf zu haben und mehr als das Notwendigste zum Leben. Die Gier nach Macht und Sicherheit ist nicht nur bei den Anderen…
Trotz alledem war Pfingsten für mich ein Aufmerken und nicht ohne Hoffnung für alle Menschen- irgendwie…

Nur nicht müde werden, sondern dem Wunder,
leise, wie einem Vogel
die Hand hin halten – sagt Hilde Domin.

HYMNUS

Komme, geheimnisvoller Atem,
leiser zärtlicher Wind,
hauche uns an, damit wir leben,
ohne dich sind wir tot.

Komme in Feuer und Flammen,
zünd uns an wie ein Licht,
mache uns trunken von der Liebe;
wir sind starr, tau uns auf!

Komme, Erfinder neuer Sprachen,
gieß dich aus über uns,
rede in uns mit neuen Zungen,
komm, begeistere uns!

Komme, du Hoffnung aller Armen,
schaff den Wehrlosen Recht,
dass die Gebeugten sich erheben,
dass sich Völker befrein!

Komme, du Tröster aller Müden,
Stille mitten im Lärm,
in den Terminen schaff uns Pausen,
lass uns ausruhn in dir!

Komme, du Taube übers Wasser,
bring den Ölzweig herbei,
bring uns das Zeichen für den Frieden,
den die Erde ersehnt!

Komm vom Vater und vom Sohne,
komm, du schaffende Kraft,
mache uns neu, und unsre Erde
hat ein neues Gesicht!

Lothar Zenetti: „Leben liegt in der Luft, Worte der Hoffnung“
Patmos Verlag