Brotbrechen

Euch allen herzliche Grüße aus Marburg – der Stadt, in der zuerst Biontec für unsere, von Covid 19 geplagte Welt produziert wurde. Von hier gab es kürzlich eine gute Nachricht: Biontec, das von einem türkischen Forscher-Ehepaar entwickelt wurde, die als Migrantenkinder nach Deutschland kamen, soll schon bald an drei Orten in Afrika produziert werden: in Dakar (Senegal), in Ruanda und in Südafrika. Die Produktionsanlagen sollen innerhalb von zwei Jahren aus Deutschland geliefert werden. Die Afrikaner müssen nur die Produktionsgebäude errichten.

Ihr alle habt einen Brotlaib oder ein Stück Brot mitgebracht; wenn jede alle sehen könnte, würden wir ganz unterschiedliche Brote sehen. Aber jedes Brot würde unseren Hunger stillen und unser Leben nähren.

Wir wissen alle, dass heute Millionen von Menschen nicht das tägliche Brot haben und auch wenn Brot nicht zu ihrer Kultur gehört – sind wir uns alle bewusst, dass der Mangel an Brot ein Symbol ihres Leidens an Hunger ist.Solches Leiden hat es früher auch im Gral gegeben: eine Gralfrau hat mir einmal erzählt, dass sie zum Arzt musste und dieser Hunger-Ödeme bei ihr feststellte.

Heute leiden mehr und mehr Menschen an einem anderen, nagenden Hunger: Ihnen fehlt Sicherheit und Freiheit, es gibt für sie keine Gerechtigkeit, Anerkennung und Respekt, keine Solidarität und Liebe: Ihnen fehlen die Grundvoraussetzungen für ein menschliches Leben in Würde.

In den vergangenen einhundert Jahren sind wir im Gral mit Gaben und Talenten überreich gesegnet worden, um diese „Grundbedürfnisse“ vieler benachteiligter Menschen befriedigen zu können. Wir sind berufen zu geben und zu dienen „with a joyful heart“, mit einem fröhlichen Herzen – wie es in einem Spiritual heißt, das wir gern bei einer Eucharistiefeier singen. Und wie es genauso schon vor mehr als 700 Jahren unsere Marburger Heilige Elisabeth aus Ungarn angemahnt hat.

Die Bibel erzählt uns die Geschichte von Tausenden von Menschen, die zu Jesus kamen, um von ihm die frohe Botschaft vom Reich Gottes zu hören und die darüber ihre eigenen Bedürfnisse vergaßen. Als es nämlich Abend wurde wollten die Apostel sie alle wegschicken, damit sie sich um Essen und Unterkunft in der Umgebung kümmerten.

Aber Jesus forderte seine Jünger auf, selbst für sie zu sorgen, obwohl sie nur fünf Brote und zwei Fische hatten. Sie vertrauten ihm und teilten das wenige was sie hatten aus. Am Ende konnten sie noch zwölf Körbe mit dem füllen, was übriggeblieben war.

Jesu Segen und der gläubige Dienst der Jünger vervielfältigten nicht nur die wenigen Brote und Fische, Jesus wirkte ein weit größeres Wunder durch seine Selbsthingabe, die Hingabe seines Lebens am Kreuz und seine Auferstehung von den Toten, wodurch die ganze Menschheit – wenn auch durch Schmerzen, Leiden und Tod in das ewige Leben gerufen wird.

So lasst uns nun das Brot brechen dankbar und mit frohem Herzen unser Leben teilen.

(Marita Estor, 31. Oktober 2021, 100 Jahre internationale Gral-Feier)