Die Internationale Vollversammlung (IVV) – ein Meilenstein auf unserem Weg in die Zukunft

Es ist erstaunlich, wie viele Gralfrauen aus aller Welt zu Freundinnen geworden sind und was es bedeutet, einander an Tagungen wie der IVV, neu zu begegnen. Gefühlte tausend Umarmungen schon bei der Ankunft – lautstarke Versuche der Freude Ausdruck zu verleihen und die wichtigsten Meilensteine der letzten Jahre mitzuteilen.

Es waren „nur“ 75 bis 80 Teilnehmerinnen vom 13. bis einschließlich 23. Juli 2017 in Fatima, Portugal, vor Ort: Delegierte der 17 Gralländer plus der Gruppen, die als zukünftige nationale Gemeinschaften den Gral aufzubauen versuchen (Angola, Ekuador, Paraguay), Vertreterinnen der Netzwerke und Arbeitsteams, ILT-Kandidatinnen, Referentinnen des Panels, Expertinnen, Übersetzerinnen, Moderatorinnen, Protokollantinnen, „Backstage“ Koordinatorinnen – das Internationale Leitungsteam und die Finanzbeauftragte: eine bunte Palette, alle überzeugt, mit dem eigenen Beitrag die jetzige Situation des Gral in der Welt darzustellen, Inspirationen weiterzugeben und klare Leitlinien und Prioritäten für die Zukunft zu setzen. Kein einfaches Unterfangen.

Das Tagungshaus – ca. 3 km vom Zentrum und dem Marienheiligtum entfernt, mitten in einem Park, weiträumig auch für Behinderte eingerichtet und von Schwestern geführt, war ein idealer Tagungsort und für die vielen Programme wie geschaffen. Ein sogenanntes „Zelt“ im Garten beherbergte die Gruppe zu Morgengebeten und Abendreflektionen im Freien. Ökumenische Agapefeiern verbunden mit einer Eucharistie an den Sonntagen, waren tiefe Erfahrungen unseres Glaubens. Feste zum Willkommen und Abschied, Ausflüge nach Golegã, an den Ozean und Fahrgemeinschaften zum Wallfahrtsort mit Lichterprozessionen am Abend und einer großen Erfahrung gelebten Vertrauens und tiefen Glaubens. Vorträge wie: Maria in der Tradition der Lutheraner (Bibi Helgeson), oder über die Erscheinung von Fatima von einer Expertin, Schwester Angela lebendig und überzeugend dargestellt, all das gab der Tagung eine ganz besondere und einmalige, unvergessliche Atmosphäre.

Die Gralgruppe aus Portugal war nicht nur effizient und gastfreundlich in allen praktischen Vorbereitungen und alltäglichen Fragen – sie feierten auch in den Tagen der IVV ihr 60jähriges Bestehen mit vielen Gästen, einer geschichtlichen Vorstellung und einem mitreißenden Folklore-Chor mit Sängerinnen aus den eigenen Reihen. Wer zählt die Stunden und Aufgaben, wer kennt die Sorgen um die vielen Dienste im Hintergrund, wer weiß um die tausend Hilfeleistungen, die die Gralgruppe in diesen 2 Wochen leisten musste – es gebührt ihnen von Herzen ein großer Dank für die wunderbare Gastfreundschaft.

Marita Estor als Expertin für das Panel, Maria Schwab und Christa Werner als Delegierte für Deutschland, letztere auch für das internationale Nukleus- und Commitment Team, fanden sich in Fatima eingebunden in ein recht herausforderndes Programm, von Diskussionen, Gruppenarbeiten und in Abstimmungen von Entscheidungen für zukünftige Schwerpunkte und Aktivitäten.

Powerpoint Präsentationen zum Thema der „Nachhaltigen Ziele der UN“ und deren Umsetzung in der Gral-Arbeit standen im Mittelpunkt:

  • Regina Tavares da Silva (Portugal) erzählte von ihrer langjährigen Erfahrung für den Aktionsplan im Kampf für die Frauenrechte bei der UN.
  • Elena Lasida, französische Theologin und aktiv in der Verknüpfung von Theologie und Wirtschaft, zeigte die Veränderungen der letzten 50 Jahre auf sozio/ ökonomischen/politischen Gebiet auf, um auf die Herausforderungen der kommenden Jahre hinzuweisen und unseren Einfluss darauf einzufordern.
  • Lucia Ramon, spanische feministische Theologin, zeigte die Notwendigkeit eines theologisch feministischen Beitrag bei der Entwicklung eines feministischen Bewusstseins auf und kritisierte die patriarchalische Weltanschauung der Religionen, die fundamentale Menschenrechte der Frauen in Frage stellen.
  • Tatiana Viana, brasilianische Gralfrau, die in Italien lebt, sprach von Menschenrechten im Universum, die sie erforscht. Eine faszinierende Perspektive von Zusammenspiel und Partnerschaften der Länder mit Raumsonden.

Die Präsentationen waren von den Fachfrauen kompetent vorbereitet und wichtig, um unser Handeln in einem größeren Zusammenhang zu sehen. Freilich war die Zeit zu kurz, um sie im Detail nachzuarbeiten und für unsere Planungen wirksam einzubeziehen. Sie können aber zu eingehenden Diskussionen anregen, wenn sie in schriftlicher Form vorliegen.

Berichte, Organisationsfragen, Geschichte und Herausforderungen für die Arbeit des Gral in der Zukunft nahmen einen breiten Raum ein. Ob es sich nun um religiöse Ausrichtung, die internationalen Finanzen, die Netzwerke und deren Aufgaben und Zukunftsperspektiven ging oder um internationale Arbeitsgruppen, um die Vorstellung der Kandidatinnen zur Wahl des neuen ILT – oder auch um Schwerpunkte in der Arbeit der Gralgruppen in verschiedenen Ländern, den Text für die Struktur der Kernberufung: die Diskussionen waren intensiv, oft in Details gehend, die Zeit immer zu kurz (auch durch die notwendigen Übersetzungen bei Gruppenarbeiten). An manchen Stellen der IVV führten die Kontroversen die Teilnehmerinnen an physische und psychische Grenzen. Zu unterschiedlich ist die Situation in den verschiedenen Erdteilen, zu weit auseinanderklaffend die Anliegen, zu sehr eine Zeitungsgleichheit bei den Ansichten. Die IVV musste sich auf Kompromisse einigen und auf zukünftige Prozesse und Entwicklungen verweisen.

Die Abstimmung über 11, teils in langer Arbeit vorbereitete, teils spontan formulierte Anträge am vorletzten Tag, ging zielsicher und ruhig über die Bühne. So kann dann das neue ILT an der Umsetzung von Entscheidungen arbeiten über:

  • Gemeinsame Prozesse einer spirituellen Vertiefung
  • Entwicklung und Ausweitung eines internationalen Bildungsprogramms, Frauen und Mädchen in Leitungsfunktionen von GLUNN (UN-Projekt für Mädchen)
  • Finanzielle Prioritäten lokal und regional für die „Befähigung“ von jungen Frauen festlegen.
  • Besondere Aufmerksamkeit für die „Formation“ (Hineinwachsen in den Gral)
  • Programme, die den Ernährungszustand von Kindern in Gral-Ländern des Südens thematisieren und dafür Aktionen entwickeln
  • Die neue Struktur der Kernberufung wurde unter der Auflage bestätigt, bestimmte Textstellen, die den Katholischen Glauben als Voraussetzung für diese Lebensform prüfen
  • Der gesamte Text der Struktur soll in den nächsten 5 Jahren erneuert werden
  • Kommunikation und Anwendung neuer Technologien sollen international vorangetrieben werden
  • Generelle Entscheidung sich mit den nachhaltigen UN-Entwicklungszielen zu befassen und deren Umsetzung, vor allen Dingen im Bereich von Frauenfragen, Klimawandel, auch als spirituelle Herausforderung zu reflektieren
  • Umsetzung der Vorschläge des Commitment Teams für zweijährliche Kurse und „sabbaticals“ durch entsprechende Programme.

Wir werden uns als deutsche Gralgruppe noch öfter und mit neuem Engagement mit den Ergebnissen der IVV auseinandersetzen müssen – und hoffentlich daran wachsen.

Christa Werner